there's a cook in the kitchen! - celebrity cookoff!
Donnerstag, 2. März 2006

mythos fleischpore:

(alles aus "Die Geheimnisse des Kochens" aus der gleichnamigen WDR-Folge "Quarks & Co", bereit gestellt von ralf zwanziger, wieder gefunden in drm)

(weiter in den comments)


... Comment

Um Geschmack geht es im wesentlichen auch beim Braten unseres Steaks. An dieser Stelle muss mit einer weit verbreiteten Fehlmeinung aufgeraeumt werden. Ueber viele Jahre hinweg wurde beispielsweise in der Werbung fuer verschiedene
Bratfette behauptet, man muesse Fleisch scharf anbraten, um die Oberflaeche zu versiegeln und so den Saft im Fleisch einzuschliessen. Es hiess, das heisse Fett schliesse "die Poren" und so koenne keine Fluessigkeit mehr austreten, das Fleisch bleibe dadurch zart und saftig. So steht es auch in den meisten Kochbuechern und sogar in Kuechenlexika.

Urheber dieser Theorie ist uebrigens kein Geringerer als der grosse deutsche Chemiker Justus von Liebig (1803 bis 1873). Liebig hat seine Ansicht von der
dichten Kruste als Hypothese formuliert, die sich schnell verselbstaendigt hat und bis heute ein zaehes Eigenleben fuehrt. Doch ist mittlerweile bekannt, dass Liebig irrte.

Beim Braten geschieht weit mehr als ein blosses Aufheizen bzw. Garen oder Geniessbarmachen: Bei hoeherer Temperatur veraendert sich die
Fleischoberflaeche. Es stimmt, dass eine knusprige Kruste entsteht, und sie entsteht dadurch, dass die Proteine an der Oberflaeche des Fleisches gerinnen.
Doch ist diese Kruste keineswegs wasserundurchlaessig. Der Fleischsaft kann noch
austreten - das sieht man deutlich, wenn man das Steak beim Braten aufmerksam beobachtet: Nach einiger Zeit treten an der Oberflaeche Blutstropfen auf. Viele Kochbuecher benutzen dies als Zeichen dafuer, dass das Steak jetzt innen noch schoen rosig und aussen knusprig ist. Es ist aber zugleich der Beweis dafuer, dass die Oberflaeche nicht "die Fleischporen versiegelt". Noch ein weiterer Beweis laesst sich zu Hause schnell nachvollziehen: Legt man ein scharf angebratenes Steak auf einen Teller oder ein Holzbrett, sammelt sich in kurzer Zeit eine Lache von rosigem Fleischsaft darunter. Dieser Saft tritt aus dem Inneren des Fleisches durch die Kruste aus.

Und auch das Brutzeln in der Pfanne ist der Beweis dafuer, dass die Kruste nicht undurchlaessig ist. Denn das Brutzeln und Zischen entsteht dadurch, dass
bestaendig waehrend des Bratens Fleischsaft austritt. Das Maerchen vom "Versiegeln der Poren" durch scharfes Anbraten kann man also getrost vergessen.
Der wahre Grund, warum wir ein Steak oder einen Braten in gluehend heissem Fett anbraten, ist, dass wir ihm zusaetzlichen Geschmack verleihen. Eine besondere chemische Reaktion findet beim Kontakt des Fleisches mit dem heissen Fett in der Pfanne statt. Dadurch veraendert sich der Geschmack, denn es entstehen viele neue Aromastoffe.

Die Maillard-Reaktion

Weshalb wird die Kruste des Brotes beim Backen braun? Warum riecht es so gut, wenn der Baecker den Ofen mit den frischen Broetchen oeffnet? Und wodurch kommen die Bratenduefte zustande, wenn ein Steak in der Pfanne braet? Dafuer verantwortlich ist eine Reihe komplexer chemischer Prozesse, benannt nach ihrem Entdecker, dem franzoesischen Biochemiker Louis Maillard: Die sogenannte
Maillard-Reaktion. Waehrend des Bratens und Backens verbinden sich bei sehr hohen Temperaturen (150 - 180 Grad Celsius) die im Fleisch oder Brot enthaltenen Zuckermolekuele mit den Eiweissmolekuelen. Die Folge: Es entstehen dunkle
Pigmente, sogenannte Melanoidine. Sie sind verantwortlich fuer die uns vertraute Farbe und die knusprige Kruste von gebratenen, gebackenen und geroesteten Lebensmitteln. Daneben spalten sich bei der Verbindung zwischen den Zuckern und
Proteinen zahlreiche fluechtige Aromastoffe ab. Erst durch sie erhaelt ein gebratenes Steak seinen unverwechselbaren Geschmack oder gebackenes Brot seinen typischen unwiderstehlichen Duft. Einige dieser Aromakomponenten sind zwar dominierend, doch generell kommt das Aroma eines Nahrungsmittels in all seinen Nuancen erst durch das Zusammenwirken einer grossen Zahl von Stoffen zustande.
Beispielsweise fanden Wissenschafler allein im Kaffee etwa 1000 und im Fleisch ueber 600 Aromastoffe. Die Maillard-Reaktion beschleunigt sich mit steigender
Temperatur und verlaeuft optimal bei einem Wassergehalt von 12 bis 18%.

Was geschieht noch beim Braten?

Schon bei Temperaturen ab 50 Grad setzt die Veraenderung ein. Zuerst denaturieren die Muskelfasern. "Denaturieren" bedeutet, dass die
Proteinmolekuele, aus denen die Muskelfasern bestehen, ihre Struktur aufgeben. Urspruenglich sind es lange Ketten, die zu Knaeueln gewickelt sind. Unter Hitzeeinwirkung wickeln sich diese Knaeuel auf und bilden jetzt netzartige Strukturen: Dabei entstehen auch voellig neue Verbindungen. Aeusserlich zeigt sich die Veraenderung dadurch, dass das Fleisch fester wird und seine rote Farbe
verliert. Ab ca. 65 Grad beginnen dann die Proteine des Kollagens (Bindegewebes) zu schrumpfen, das die Muskelfasern umhuellt. Das in ihnen gebundene Wasser tritt aus. Diesen Effekt kennen wir: Fleisch, das in der Pfanne gebraten wird, schrumpft sichtbar. Auch die Kollagene denaturieren, sie nehmen eine gelartige Konsistenz an. Kocht man Fleisch, aber auch Knochen, Sehnen oder Knorpel lange in Wasser, loest sich dieses denaturierte Kollagen auf und tritt ins Wasser ueber. So entstehen Sossenfonds, die beim Abkuehlen im Topf erstarren. Dieses geloeste Kollagen kennen wir als Gelatine, die wir in vielen Speisen benutzen. Gelatine ist nichts anderes als tierisches Kollagen, das aus Fleisch, Haut und
Knochen von Schlachttieren herausgeloest wird.

Zartes und zaehes Fleisch

Der Kollagengehalt bestimmt aber auch, ob ein Fleischstueck zart ist oder zaeh:
Je mehr Kollagen im Fleisch ist, desto zaeher wird es bei Wasserverlust, so lautet die einfache Formel. So erklaert sich, warum zum Kurzbraten nur
kollagenarme Muskelstuecke (Lende, Filet, Huefte) genommen werden. Die hohen Temperaturen, denen das Fleisch beim scharfen Anbraten ausgesetzt wird, wuerde bindegewebsreiches Fleisch sehr schnell verhaerten. Fleischstuecke mit hoeherem
Kollagengehalt gart man stattdessen zum Beispiel durch Schmoren, also unter Zusatz von Wasser. Fleisch zum Schmoren ist "durchwachsen", das heisst mit viel Bindegewebe versehen und stammt typischerweise aus der Brust, den Rippen, aus
Beinscheiben, Schwanzstuecken, Hals und Nacken. Um Schmorfleisch Geschmack zu verleihen, wird es aussen ebenfalls angebraten (die Maillard-Reaktion wird in Gang gesetzt), dann aber mit wuerziger Fluessigkeit gargekoechelt. Neben dem Kollagengehalt ist auch dessen Vernetzung wichtig. Der Vernetzungsgrad steigt mit dem Alter der Tiere, deshalb wird die Garzeit bei Fleisch von aelteren
Tieren verlaengert.

Zurueck zu unserem Steak. Beim Braten in der Pfanne wird das Fleisch an der Oberflaeche sehr grosser Hitze ausgesetzt. Die Temperatur kann ueber 250 Grad betragen. Es bildet sich dann sehr schnell eine Kruste von geronnenen Proteinen,
zusammen mit Aromen aus der Maillard-Reaktion. Die tieferen Schichten des Fleisches werden durch die Hitze stufenweise gegart: je naeher an der
Oberflaeche, desto staerker ist die Veraenderung.

Ganz im Inneren erreicht das Fleisch beim kurzen Anbraten nur niedrige Temperaturen, weswegen der Denaturierungsprozess nicht oder nur wenig einsetzt.
Gutes Muskelfleisch aus der Rinderlende (Filet) bleibt deswegen zart, weil es einen niedrigen Kollagen-Anteil besitzt und zugleich in der Regel nicht ganz durchgebraten wird. Das rosige Innere eines Steaks oder eines Chateaubriands bleibt zart, wenn beim Braten eine Temperatur von ca. 65 Grad nicht
ueberschritten wird. Das heisst, dass die innersten Muskelfasern gar nicht erst denaturieren und ihr Kollagen nicht einschrumpft.

Beim optimalen Steak kommt es zuallererst auf das richtige Fleisch an: Filet (Rinderlende) oder Rumpsteak ist am besten zum Kurzbraten. Ihr Metzger schneidet es Ihnen aus den guten Stuecken heraus. Ideal ist fein mit Fett marmoriertes und
gut abgehangenes Ochsenfleisch. Aber Ochsen (kastrierte maennliche Rinder) gibt
es heute kaum noch, dafuer Jungbullen, die schnell gemaestet werden. Und ausreichend abgehangenes Fleisch gibt es auch immer weniger. Nach Moeglichkeit sollte man jedenfalls nicht rot leuchtendes Fleisch aus dem Supermarkt nehmen,
das von ganz frisch geschlachteten Tieren stammt.

Mindestens 2,5 Zentimeter sollte Ihr Steak dick sein, ein Filetsteak besser drei bis vier Zentimeter. So ergibt sich eine braune Kruste und ein rosiges Inneres.
Ist das Fleisch zu duenn, wird es beim scharfen Anbraten schnell durchgegart und moeglicherweise zaeh. Vorher muss das Fleisch rechtzeitig aus dem Kuehlschrank kommen, damit es beim Braten zimmerwarm ist. Dann erhitzt sich die Oberflaeche
in der Pfanne schneller.

Um eine gleichmaessige Kruste zu erhalten, kann man das Fleisch einige Zeit vorher auf allen Seiten mit Oel einreiben. Steaks werden niemals paniert oder geklopft, auch darf man sie nicht vorher salzen. Tut man das, tritt durch die hydrophilen Eigenschaften des Kochsalzes Fleischsaft nach aussen und das Steak wird zaeh. Also immer erst am Ende des Bratens salzen oder auf dem Teller! Wegen
des Verlustes an koestlichem Fleischsaft sollte man das Fleisch auch nicht mit einer Fleischgabel einstechen oder einschneiden, wenn man den Garzustand pruefen moechte. Auch hierbei geht zuviel Fluessigkeit verloren.

Einschneiden muss man aber den Fettrand beim Rumpsteak. Das Fett und die darunterliegende Bindegewebsschicht ziehen sich beim Braten zusammen und verformen das Fleisch. Wird der Rand vorher eingekerbt, bleibt die Form erhalten.

Ist das Fleisch feucht, sollte man es vor dem Braten mit Kuechenpapier abtupfen.
Denn sonst ist zuviel Wasser an der Oberflaeche, die zuerst mit dem heissen Fett in Beruehrung kommt. Unangenehm heisse Fettspritzer sind die Folge, und auch die Kruste leidet. Zuviel Wasser an der Oberflaeche fuehrt naemlich zu einem Absinken der Brattemperatur auf 100 Grad, bis es ganz verdunstet ist. Die leckersten Aromen der Braeunungsreaktion entstehen aber erst bei Temperaturen ab ca. 150 Grad.

Aus diesem Grund muss auch das Fett schon richtig heiss sein, wenn das Steak in die Pfanne kommt. Winzige Wasserspritzer, die man zur Probe hineingibt, sollten deutlich zischen. Am besten die Pfanne vorher schon anwaermen, dann Oel oder Fett dazu.

Um einen Temperaturabfall zu vermeiden, sollte man auch nicht mehrere Steaks in einer Pfanne braten, sondern lieber die einzelnen Stuecke nacheinander.

Kokosfett, gutes Misch-Pflanzenoel oder Erdnussoel widerstehen den hohen Temperaturen am besten. Butter und Margarine enthalten zuviel Wasser, Butter
ausserdem noch Bestandteile des Milcheiweisses, die verbrennen
(Rauchentwicklung, dunkle Faerbung der Butter). Butterschmalz (geklaerte Butter)
kann man wiederum gut zum Braten verwenden, denn aus dem Schmalz wurden die
schnell braeunenden Milchpartikel entfernt und es gibt einen feinen Geschmack.

Die Pfanne sollte aus gut leitendem Material mit dickem Boden sein. Geeignet
sind Gusseisen, Edelstahl oder Kupfer.

Nach dem kurzen und scharfen Anbraten auf beiden Seiten sollte man die Hitze zum
Garen wieder reduzieren. So verkohlt die Kruste nicht, aber dem Inneren wird
noch maessige Hitze zugefuehrt. Englaender, so sagt man, lieben durchgebratenes
Fleisch, Franzosen moegen es saignant, also innen noch blutig, Deutsche medium -
die Geschmaecker und Traditionen sind verschieden. In guten Restaurants wird man
daher bei der Bestellung auch gefragt, wie man sein Steak haben moechte. Das Fleisch ist innen noch blutig, wenn an der Oberflaeche Blutstropfen austreten.
Dies ist eine Garprobe, die man als Faustregel nehmen kann. Andere Faustregeln lauten: je Zentimeter Durchmesser eine Minute braten, oder: Mit den Finger draufdruecken. Schnellt da Fleisch elastisch zurueck, ist es medium, laesst es sich noch leicht eindruecken, ist es innen noch rot.

Wuenscht man einen Geschmackszusatz, kann man das Fleisch marinieren. Dies geschieht mit Oel und Gewuerzen (kein Salz); Wein oder Essig sind unguenstig, weil das Wasser beim Braten die Temperatur herabsetzt und die Maillard-Reaktionen nicht optimal verlaufen.

### to be continued

... Link


... Comment

Online for 8213 days
Last update: 23.08.18, 23:10
status
Youre not logged in ... Login
menu
recent updates
orthorexie musste ich erst
mal guhgeln.
by plautze (23.08.18, 23:10)
sahra wiener erzaehlt jetzt
grade im radio ueber orthorexie, haha.
by mutant (17.08.18, 12:54)
3 jahre spaeter ueberkommt mich
immer noch ekel und ich frage mich zusaetzlich: woher...
by mutant (20.04.18, 00:13)
der juergen dollase, der hat
ja sooo recht! http://blogs.faz.net/blogseminar/wir-brauchen-dringend-eine-hochschule-fuer-kochkunst/
by mutant (28.02.17, 14:22)
peruanisches essen soll generell sehr
gut sein, ich bin ja nicht fuer meeresgetier, aber...
by mutant (27.11.15, 14:13)
Bei Sarah Wiener ist vermutlich
auch der Toilettenbesuch ein Akt unbefleckter Ausscheidung über den...
by plautze (06.07.15, 18:08)
sarah wiener bashing hatten wir
lange nicht mehr…. Vegan ist auch keine Lösung schreibt wiener...
by mutant (25.06.15, 08:21)
haha, sehr schoen panne: heinzer
vs tv-koch "selbst dein stockbrot hat scheisse geschmeckt"
by mutant (26.03.15, 14:30)
mal was anderes…. da ich
ja eigentlich nicht mehr aktiv foodblogge (3x im jahr ist...
by mutant (18.03.15, 09:16)
search
calendar
November 2024
So.Mo.Di.Mi.Do.Fr.Sa.
12
3456789
10111213141516
17181920212223
24252627282930
Februar

RSS Feed

Made with Antville
Helma Object Publisher